Tortenschaufel, um 1920 Museen der Stadt Aschaffenburg, Inv.-Nr. MSA 316/2012 Nach mündlichen Berichten soll der Tortenheber einst einer jüdischen Familie gehört haben und in der Reichspogromnacht entwendet worden sein.
Erbstücke und Familiengeschichten unter der Lupe
Zahllose Gegenstände und schriftliche Dokumente aus jüdischen Haushalten fanden während der Zeit des Nationalsozialismus ihren Weg in nichtjüdische Hände. Dort wurden sie häufig von Generation zu Generation weitergegeben, sodass sie sich heute noch im Familienbesitz befinden: ein Tischdeckchen, das einst der jüdischen Nachbarin gehörte, bis sie deportiert wurde, Bettwäsche, ein Kaffeeservice oder Silberbesteck. Diese Objekte wurden von den neuen Besitzern nicht immer benutzt, sondern manchmal fein säuberlich gefaltet oder geputzt und poliert im Schrank aufbewahrt. Häufig wissen Familien um die Herkunft, weil die Gegenstände mit einer Erzählung verbunden und so weitergereicht worden sind.
Für diese Geschichten interessieren sich das Jüdische Museum und das Stadt- und Stiftsarchiv, die dazu zwei offene Sprechstunden anbieten. Unter der Fragestellung: „Gibt es in meiner Familie Gegenstände, die einst jüdischen Nachbarn, Freunden oder Bekannten oder politisch Verfolgten gehörten? Habe ich Objekte, bei denen ich jüdische Voreigentümer vermute?“ können Interessierte ihre Geschichten und/oder Objekte am Dienstag und Mittwoch, 13. und 14. Oktober 2020, jeweils 9 bis 12 und 13 bis 17 Uhr, zur offenen Sprechstunde ins Museum jüdischer Geschichte und Kultur in Aschaffenburg, Treibgasse 20 bringen. Die Gespräche werden professionell dokumentiert und ausgewertet. Dr. Carolin Lange, Projektleiterin der Provenienzforschung an der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, forscht zum Nachleben jüdischer Objekte in nichtjüdischen Haushalten. Ziel des Projektes ist, die private Rezeption des Holocaust näher zu beleuchten.
Damit alle Interessenten eingeplant und die Corona-Regeln eingehalten werden können, wird um Terminvereinbarung mit Dr. Carolin Lange unter familiengeschichten@blfd.bayern.de oder telefonisch unter 089 210 140 49 gebeten.
Am Donnerstag, 15. Oktober 2020 von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr, findet im Stadt- und Stiftsarchiv eine offene Sprechstunde rund um schriftliche Dokumente statt. Außerdem werden die Besucher*innen auf Wunsch professionell angeleitet, selbständig die Biographien ihrer Objekte zu erforschen. Stephanie Goethals und Dr. Vaios Kalogrias werden anwesend sein.
Im Projekt „Stadtgeschichte“ wird in der nächsten Zeit die Geschichte der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert wissenschaftlich erforscht. Begleitend hierzu bietet die partizipative Plattform „Aschaffenburg 2.0 - unsere Geschichte, unsere Zukunft“ ein stadtgeschichtliches „Mitmachprojekt“ (https://aschaffenburgzweinull.stadtarchiv-digital.de/beitraege/).
Besucher melden sich bitte im Stadt- und Stiftsarchiv, 1. Obergeschoss, im Geschäftszimmer, Tel. 06021/456105-0.
Interessierte sollten beachten, dass die Museen der Stadt Aschaffenburg geeignete Objekte für ihre Sammlungen annehmen. Es kann allerdings auch ein Kontakt zu anderen Institutionen hergestellt werden. Im Stadt- und Stiftsarchiv können nach Vereinbarung und Absprache schriftliche historische Dokumente hinterlegt und für die Stadtgeschichte und deren Auswertung gesichert werden.
13.10.2020 bis 15.10.2020